Fachinformation

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Dieses Arzneimittel unterliegt einer zusätzlichen Überwachung. Dies ermöglicht eine schnelle Identifizierung neuer Erkenntnisse über die Sicherheit. Angehörige von Gesundheitsberufen sind aufgefordert, den Verdacht einer neuen oder schwerwiegenden Nebenwirkung zu melden. Hinweise zur Meldung von Nebenwirkungen, siehe Rubrik «Unerwünschte Wirkungen».

Defitelio®

Defitelio 80 mg/ml Konzentrat zur Herstellung einer Infusionslösung

 

Zusammensetzung

Wirkstoffe

Defibrotid-Natrium*, hergestellt aus Darmschleimhaut von Schweinen.

Hilfsstoffe

Natriumcitrat*, Salzsäure (zur pH-Einstellung), Natriumhydroxid* (zur pH-Einstellung), Wasser für Injektionszwecke.

* Der Natriumgehalt pro Durchstechflasche ist maximal 20.4 mg (0.89 mmol).

Darreichungsform und Wirkstoffmenge pro Einheit

Konzentrat zur Herstellung einer Infusionslösung.

Ein ml des Konzentrats zur Herstellung einer Infusionslösung enthält 80 mg Defibrotid. Eine Durchstechflasche zu 2.5ml enthält 200 mg Defibrotid. Nach Verdünnung enthält die Infusionslösung eine Konzentration zwischen 4 mg/ml und 20 mg/ml Defibrotid.

Die Lösung ist klar hellgelb bis braun, frei von Partikeln und weist keine Trübung auf.

 

Indikationen/Anwendungsmöglichkeiten

Defitelio wird angewendet für die Behandlung von schwerer hepatischer venookklusiver Erkrankung (VOD), die auch als sinusoidales Obstruktionssyndrom (SOS) bezeichnet wird, bei hämatopoetischer Stammzelltransplantation (HSCT), (siehe Rubrik «Klinische Wirksamkeit»).

Es wird angewendet bei Erwachsenen, Jugendlichen, Kindern und Kleinkindern im Alter ab 1 Monat.

 

Dosierung/Anwendung

Defitelio muss den Patienten von einem Facharzt, der Erfahrung in der Diagnose und Behandlung von Komplikationen bei HSCT besitzt, verschrieben und verabreicht werden.

Um die Rückverfolgbarkeit von biologischen Arzneimitteln sicherzustellen, wird empfohlen Handelsname und Chargennummer bei jeder Behandlung zu dokumentieren.

Dosierung

Die empfohlene Dosis beträgt 6.25 mg/kg Körpergewicht alle 6 Stunden (25 mg/kg/Tag).

Es liegen nur begrenzte Wirksamkeits- und Sicherheitsdaten für höhere Dosen vor. Daher wird nicht empfohlen, die Dosis über 25 mg/kg/Tag zu erhöhen.

Therapiedauer

Die Behandlung soll für mindestens 21 Tage gegeben und solange fortgesetzt werden, bis die Zeichen und Symptome der schweren VOD abklingen (siehe Rubrik „Klinische Wirksamkeit“).

Spezielle Dosierungsanweisungen

Patienten mit Leberfunktionsstörungen

Es wurden keine formalen pharmakokinetischen Studien bei Patienten mit Leberfunktionsstörung durchgeführt. Das Arzneimittel wurde jedoch in klinischen Studien bei Patienten, die eine Leberfunktionsstörung entwickelten, ohne Dosisanpassung angewendet, und es wurden keine Sicherheitsbedenken identifiziert. Daher wird keine Dosisanpassung empfohlen, doch die Patienten sollten sorgfältig überwacht werden (siehe Abschnitt «Pharmakokinetik»).

 

Patienten mit Nierenfunktionsstörungen

Für Patienten mit Nierenfunktionsstörungen oder unter intermittierender Hämodialyse ist keine Dosisanpassung erforderlich (siehe Abschnitt «Pharmakokinetik»).

 

Ältere Patienten

Klinische Prüfungen zu Defitelio umfassten keine ausreichende Anzahl von Teilnehmern im Alter von mindestens 65 Jahren, um ein unterschiedliches Ansprechen gegenüber jüngeren Teilnehmern bestimmen zu können. Andere klinische Erfahrungen, von denen berichtet wurde, ergaben keine Unterschiede im Ansprechen zwischen den älteren und jüngeren Patienten.

 

Kinder und Jugendliche

Die empfohlene Dosis für Kinder im Alter von 1 Monat bis 18 Jahren ist dieselbe Dosis in mg/kg wie für Erwachsene, d. h. 6.25 mg/kg Körpergewicht alle 6 Stunden.

 

Die Sicherheit und Wirksamkeit von Defibrotid bei Kindern im Alter unter 1 Monat ist bisher noch nicht erwiesen. Es liegen keine Daten vor. Die Anwendung von Defitelio bei Kindern im Alter unter einem Monat wird nicht empfohlen.

 

Art der Anwendung

Defitelio ist zur intravenösen Anwendung bestimmt. Es wird als intravenöse Infusion über zwei Stunden verabreicht.

Defitelio muss vor der Anwendung stets verdünnt werden. Es kann mit 5%iger Glucose Infusionslösung oder 0.9%-iger Natriumchloridlösung zur Infusion auf eine geeignete Konzentration verdünnt werden, die eine Infusion über 2 Stunden ermöglicht (siehe Abschnitt „Sonstige Hinweise“ für den Konzentrationsbereich und die Stabilität der verdünnten Lösung). Das Gesamtinfusionsvolumen sollte sich nach dem Gewicht des einzelnen Patienten richten. Die Endkonzentration von Defitelio sollte im Bereich von 4 mg/ml bis 20 mg/ml liegen.

Die Durchstechflaschen sind zum Einmalgebrauch bestimmt, und die nicht verbrauchte Lösung einer Einzeldosis muss verworfen werden.

Hinweise zur Verdünnung des Arzneimittels vor der Anwendung, siehe Abschnitt „Sonstige Hinweise“, Rubrik: Hinweise für die Handhabung.

 

Kontraindikationen

-Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der Hilfsstoffe gemäss «Zusammensetzung».

-Gleichzeitige Anwendung einer thrombolytischen Therapie (z. B. t-PA) (siehe Abschnitt “Interaktionen”).

 

Warnhinweise und Vorsichtsmassnahmen

Blutungen

Die Anwendung von Arzneimitteln, die das Blutungsrisiko erhöhen, innerhalb von 24 Stunden vor oder nach der Gabe von Defitelio (innerhalb von 12 Stunden im Falle von unfraktioniertem Heparin) wird nicht empfohlen.

Eine gleichzeitige systemische Antikoagulationstherapie (z. B. Heparin, Warfarin, direkte Thrombininhibitoren und direkte Faktor-Xa-Inhibitoren) (siehe Abschnitt „Interaktionen“), ausser zur routinemässigen Erhaltung oder Wiedereröffnung eines zentralvenösen Zugangs, erfordert eine sorgfältige Überwachung. Während der Anwendung einer derartigen Therapie ist das Absetzen von Defitelio in Erwägung zu ziehen.

Arzneimittel, welche die Thrombozytenaggregation beeinflussen (z. B. nichtsteroidale Antiphlogistika) sollten während der Anwendung von Defitelio mit Vorsicht und unter engmaschiger ärztlicher Überwachung angewendet werden.

Bei Patienten, die klinisch relevante transfusionsbedürftige akute Blutungen haben oder entwickeln, wird Defitelio nicht empfohlen oder sollte abgesetzt werden. Ein vorübergehendes Absetzen von Defitelio wird bei Patienten empfohlen, die sich einer Operation oder einem invasiven Eingriff mit erheblichem Risiko für schwere Blutungen unterziehen.

 

Überempfindlichkeitsreaktionen

Überempfindlichkeitsreaktionen sind bei weniger als 2 % der mit Defitelio behandelten Patienten aufgetreten. Zu diesen Reaktionen zählen Ausschlag, Nesselsucht und Angioödeme. Ein Fall einer anaphylaktischen Reaktion wurde bei einem Patienten gemeldet, der zuvor Defitelio erhalten hatte. Überwachen Sie die Patienten daher auf Überempfindlichkeitsreaktionen, insbesondere wenn sie in der Vergangenheit bereits mit dem Arzneimittel behandelt wurden. Brechen Sie im Falle einer schwerwiegenden Überempfindlichkeitsreaktion die Behandlung mit Defitelio ab, behandeln Sie diese nach Behandlungsstandard, und beobachten Sie den Patienten, bis die Symptome abgeklungen sind.

 

Hämodynamische Instabilität

Die Gabe von Defibrotid bei Patienten mit hämodynamischer Instabilität, definiert als Unfähigkeit zur Aufrechterhaltung des mittleren arteriellen Blutdrucks mit einem Vasopressor, wird nicht empfohlen.

 

Bolusgabe

Eine Bolusgabe von Defitelio kann Hautrötung oder ein „allgemeines Hitzegefühl“ verursachen.

Bolusgabe von Defitelio wird nicht empfohlen.

 

Dieses Arzneimittel enthält weniger als 1 mmol Natrium (23 mg) pro Durchstechflasche, d. h. es ist nahezu „natriumfrei“.

 

Interaktionen

Potenzielle Wechselwirkungen mit rekombinantem t-PA

In einem Mausmodell der Thromboembolie potenzierte rekombinanter t-PA die antithrombotische Wirkung von intravenös verabreichtem Defibrotid. Daher kann die gleichzeitige Anwendung zu einem erhöhten Blutungsrisiko führen und ist kontraindiziert (siehe Abschnitt „Kontraindikationen).

 

Potenzielle Wechselwirkungen mit antithrombotischen Fibrinolytika

Defibrotid hat eine profibrinolytische Wirkung (siehe Abschnitt „Eigenschaften/Wirkungen“) und kann die Aktivität von antithrombotischen/fibrinolytischen Arzneimitteln potenziell verstärken.

 

Es liegen zurzeit keine Erfahrungsberichte bei Patienten unter gleichzeitiger Behandlung mit niedermolekularen Heparinen (LMWH), Warfarin oder gleichzeitiger Behandlung mit direkten Thrombininhibitoren (z. B. Dabigatran) oder direkten Faktor-Xa-Inhibitoren (z. B. Rivaroxaban und Apixaban) vor. Deshalb wird die Anwendung von Defibrotid zusammen mit antithrombotischen/fibrinolytischen Arzneimitteln nicht empfohlen.

Wenn diese Arzneimittel jedoch in Ausnahmefällen gleichzeitig angewendet werden, ist Vorsicht geboten, indem die Gerinnungsparameter engmaschig überwacht werden (siehe Abschnitt „Warnhinweise und Vorsichtsmassnahmen“).

Mögliche Interaktionen mit anderen Arzneimitteln

Pharmakokinetische Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten sind bei therapeutischer Dosis unwahrscheinlich. Daten aus in-vitro-Studien mit humanem Biomaterial zeigen, dass Defibrotid die wichtigsten Arzneimittel-metabolisierenden Enzyme nicht induziert (CYP1A2, CYP2B6, CYP3A4, UGT1A1) oder hemmt (CYP1A2, CYP2B6, CYP3A4, CYP2C8, CYP2C9, CYP2C19, CYP2D6, UGT1A1, UGT2B7) und auch kein Substrat oder Inhibitor für die wichtigsten Aufnahme-Transporter (OAT1, OAT3,OCT1, OCT2, OATP1B1, OATP1B3) oder Efflux-Transporter (P-gp und BCRP) darstellt.

 

Schwangerschaft, Stillzeit

Schwangerschaft

Eine wirksame Kontrazeption ist während der Behandlung und für die Dauer von einer Woche nach Absetzen der Behandlung erforderlich.

Es liegen keine klinischen Daten mit Anwendung bei Schwangeren vor.

Embryofetale entwicklungstoxikologische Studien an trächtigen Ratten und Kaninchen mit Defibrotid-Dosen nahe der empfohlenen therapeutischen Dosis bei Menschen ergaben eine hohe Rate von hämorrhagischen Aborten (siehe Abschnitt „Präklinische Daten).

Während der Schwangerschaft darf Defitelio nicht verabreicht werden, es sei denn, dass eine Behandlung mit Defitelio aufgrund des klinischen Zustandes der Frau erforderlich ist.

 

Stillzeit

Es ist nicht bekannt, ob Defibrotid in die Muttermilch übergeht. Da Risiken für die gestillten Kinder nicht ausgeschlossen werden können, soll während der Behandlung mit Defibrotid nicht gestillt werden.

 

Fertilität

Bisher liegen keine Studien zur Untersuchung der Wirkungen von Defibrotid auf die menschliche Fertilität vor.

Wirkung auf die Fahrtüchtigkeit und auf das Bedienen von Maschinen

Defitelio hat keinen oder einen vernachlässigbaren Einfluss auf die Fahrtüchtigkeit oder die Fähigkeit, Maschinen zu bedienen.

Allerdings ist anzunehmen, dass die Patienten aufgrund der Art ihrer zugrundeliegenden Erkrankung kein Fahrzeug führen oder Maschinen bedienen.

 

Unerwünschte Wirkungen

In der pivotalen Phase-3-Behandlungsstudie (Studie 2005-01) war die Gesamtinzidenz von unerwünschten Ereignissen in der Defibrotid-Behandlungsgruppe und in der Kontrollgruppe (historische Kontrollen) vergleichbar. Die Sicherheitsdaten aus der pivotalen Studie werden durch Daten aus anderen klinischen Studien und Daten nach Markteinfühurung unterstützt und bestätigt. Für die in all diesen Studien berichteten unerwünschten Wirkungen wurde in der folgenden Auflistung die grösste Häufigkeit verwendet.

 

Die häufigsten unerwünschten Wirkungen, die während der Behandlung von hepatischer VOD beobachtet wurden, sind Blutungen (darunter unter anderem auch gastrointestinale Blutungen, Lungenblutungen und Nasenbluten) und Hypotonie .

Obwohl in den Studien mit Defibrotid bei VOD keine Überempfindlichkeit berichtet wurde, wurden Fälle von Überempfindlichkeit einschliesslich Anaphylaxie unter Anwendung von Defibrotid gemeldet. Daher wird Überempfindlichkeit als unerwünschte Wirkung aufgeführt.

 

Die beobachteten unerwünschten Wirkungen werden nachstehend nach Systemorganklasse und Häufigkeit aufgelistet. Innerhalb jeder Häufigkeitsgruppe werden die Nebenwirkungen nach abnehmendem Schweregrad angegeben. Die Häufigkeiten sind wie folgt definiert: sehr häufig (≥ 1/10), häufig (≥ 1/100, < 1/10), gelegentlich (≥ 1/1000, < 1/100), selten (≥ 1/10000, < 1/1.000), sehr selten (< 1/10000).

 

Erkrankungen des Blutes und des Lymphsystems

Häufig: Koagulopathie

 

Erkrankungen des Immunsystems

Gelegentlich: Überempfindlichkeit, Anaphylaktische Reaktion

 

Erkrankungen des Nervensystems

Häufig: Hirnblutung

Gelegentlich: Zerebrales Hämatom

 

Augenerkrankungen

Gelegentlich: Bindehautblutung

 

Gefässerkrankungen

Sehr häufig: Hypotonie (11.7%)

Häufig: Blutung

 

Erkrankungen der Atemwege, des Brustraums und Mediastinums

Häufig: Lungenblutung, Epistaxis

Gelegentlich: Hämothorax

 

Erkrankungen des Gastrointestinaltrakts

Häufig: Gastrointestinale Blutung, Erbrechen, Diarrhö, Übelkeit, Hämatemesis, Blutung im Mund

Gelegentlich: Melaena

 

Erkrankungen der Haut und des Unterhautzellgewebes

Häufig: Hautausschlag, Pruritus, Petechien

Gelegentlich: Ekchymose

 

Erkrankungen der Nieren und Harnwege

Häufig: Hämaturie

 

Allgemeine Erkrankungen und Beschwerden am Verabreichungsort

Häufig: Blutung an Kathetereintrittsstelle, Fieber

Gelegentlich: Blutung an der Injektionsstelle

 

Sicherheit und Wirksamkeit bei pädiatrischen Patienten

In jeder der klinischen Prüfungen, die zur Behandlung von VOD durchgeführt wurden, waren über 50% der Patienten jünger als 18 Jahre. Die Sicherheit und Wirksamkeit bei Kindern im Alter unter 1 Monat ist bisher noch nicht erwiesen.

Bei Dosen über der empfohlenen Dosis von 25 mg/kg/Tag war ein höherer Anteil von Patienten mit Blutungsereignissen in der Hochdosisgruppe zu beobachten. In einer pädiatrischen Präventionsstudie war bei 25 mg/kg/Tag eine erhöhte Inzidenz von Blutungsereignissen in der Defibrotid-Gruppe, verglichen mit der Behandlungsgruppe, zu beobachten. Es bestand jedoch kein Unterschied in der Inzidenz von schwerwiegenden Blutungen oder Blutungsereignissen mit tödlichem Ausgang.

Häufigkeit, Art und Schwere aller weiteren unerwünschten Wirkungen sind bei Kindern und Erwachsenen gleich.

 

Die Meldung des Verdachts auf Nebenwirkungen nach der Zulassung ist von grosser Wichtigkeit. Sie ermöglicht eine kontinuierliche Überwachung des Nutzen-Risiko-Verhältnisses des Arzneimittels. Angehörige von Gesundheitsberufen sind aufgefordert, jeden Verdacht einer neuen oder schwerwiegenden Nebenwirkung über das Online-Portal ElViS (Electronic Vigilance System) anzuzeigen. Informationen dazu finden Sie unter www.swissmedic.ch.

 

Überdosierung

Behandlung

Es gibt kein spezifisches Antidot für eine Überdosierung, die daher symptomatisch behandelt werden sollte. Defibrotid wird nicht durch Dialyse entfernt (siehe Abschnitt “Pharmakokinetik”).

 

Eigenschaften/Wirkungen

ATC-Code

B01AX01

 

Wirkungsmechanismus

Defibrotid ist eine Mischung aus Oligonukleotiden mit nachgewiesener antithrombotischer, fibrinolytischer, antiadhäsiver und entzündungshemmender Wirkung. Der Wirkmechanismus ist multifaktoriell. Es wirkt hauptsächlich durch die Verringerung der übermässigen Aktivierung der Endothelzellen (Endotheldysfunktion), durch die Modulation der Endothelhomöostase sowie durch die Wiederherstellung des thrombo-fibrinolytischen Gleichgewichts. Der genaue Wirkmechanismus von Defibrotid ist jedoch noch nicht vollständig geklärt.

Defibrotid hat in vitro und in vivo antithrombotische und fibrinolytische Wirkungen gezeigt, und zwar durch Verstärkung der Expression des systemischen Gewebefaktorweg-Hemmers (TFPI), des Gewebeplasminogenaktivators (t-PA) und des Thrombomodulins (TM); durch Verringerung der Expression des von-Willebrand-Faktors (vWF) und der Expression des Plasminogenaktivator-Inhibitors 1 (PAI-1) sowie durch Erhöhung der enzymatischen Aktivität von Plasmin zur Hydrolyse von Fibringerinnseln.

 

In vitro- und in vivo-Studien haben gezeigt, dass Defibrotid die Adhäsion von Leukozyten und Thrombozyten an das Endothel hemmt, indem es P-Selektin und das vaskuläre Zelladhäsionsmolekül-1 (VCAM)-1 unterdrückt; die durch LFA-1-ICAM (Lymphozytenfunktion-assoziiertes Antigen-1-interzelluläres Adhäsionsmolekül) vermittelte Leukozytentransmigration stört und Stickstoffmonoxid (NO), Prostaglandin I2 (PGI2) und Prostaglandin E2 (PGE2) erhöht.

 

In vitro zeigt Defibrotid entzündungshemmende Effekte, wodurch die Freisetzung und Bildung von reaktiven Sauerstoffspezies und Entzündungsmediatoren wie Interleukin 6, Thromboxan A2, Leukotrien B4 und Tumornekrosefaktor-α (TNF-α) abgeschwächt wird.

Defibrotid schützt Endothelzellen vor Schäden und fördert die Gewebshomöostase, indem es die durch Fludarabin vermittelte Apoptose von Endothelzellen unter Beibehaltung der antileukämischen Wirkung verringert und die Expression von Heparanase hemmt, die in In-vitro- bzw. In-vivo-Studien gezeigt wird.

Pharmakodynamik

Kardiale Elektrophysiologie

Bei Dosierungen, die 2.4-mal so hoch sind wie die maximal empfohlene Dosis, verlängert Defitelio das QTc-Intervall nicht klinisch relevant.

 

PAI-1 Inhibition (Plasminogen Activator Inhibitor - 1)

Die Plasmakonzentration von PAI-1 wurden auf explorativer Basis als potenzieller pharmakodynamischer Marker für die Wirksamkeit in der Studie 99-118 bewertet. PAI-1 ist ein Inhibitor von t-PA und somit der Fibrinolyse. Die mittleren PAI-1-Spiegel an den Tagen 7 und 14 waren bei Patienten mit vollständigem Ansprechen und bei Patienten, die am Tag + 100 am Leben waren, niedriger als zu Studienbeginn. Dieser Trend erreichte allerdings keine statistische Signifikanz. Es gab keine statistisch signifikanten Unterschiede in den mittleren PAI-1-Spiegeln nach Behandlung oder Ergebnis.

Klinische Wirksamkeit

Die Wirksamkeit und Sicherheit von Defibrotid bei der Behandlung von schwerer VOD wurde in einer pivotalen historisch kontrollierten Phase-3-Studie (2005-01) untersucht.

In der Studie 1 wurden 102 Erwachsene und Kinder in die Defitelio-Behandlungsgruppe mit einer VOD-Diagnose nach folgenden Kriterien eingeschlossen: Bilirubin von mindestens 2 mg / dl und mindestens zwei der folgenden Befunde: Hepatomegalie, Aszites und Gewichtszunahme grösser als 5% bis Tag + 21 nach HSCT) mit einer damit verbundenen Diagnose einer Multiorganfunktionsstörung (Lungen, Nieren oder beides) bis Tag + 28 nach HSCT. Vierundvierzig Kinder und 58 erwachsene Patienten mit schwerer VOD nach HSCT wurden mit Defitelio 25 mg/kg/Tag als intravenöse Infusion behandelt und mit 32 historischen Kontrollpatienten verglichen. Die mediane Therapiedauer bei den mit Defitelio behandelten Patienten betrug 22 Tage (range 1-60).

 

Die Tag +100-Überlebensrate in der Defitelio-Gruppe wurde verbessert: 38,2 % (39/102) der Patienten überlebten, verglichen mit 25,0 % (8/32) in der historischen Kontrollgruppe. Ausserdem erreichte ein höherer Anteil an Patienten der Defitelio-Gruppe ein vollständiges Ansprechen, definiert als Gesamtbilirubin unter 2 mg/dl und Abklingen des Multiorganversagens (MOF). Das vollständige Ansprechen bis zum Tag +100 betrug 25,5 % (26/102) mit Defitelio versus 12,5 % (4/32) in der historischen Kontrollgruppe.

 

Die Wirksamkeitsdaten dieser pivotalen Studie werden unterstützt durch die Daten einer Dosisfindungsstudie (25 mg/kg-Arm) und der offenen IND-Behandlungsstudie mit Tag +100 Überlebensraten von 44,0% und 49,5%.

 

Pharmakokinetik

Absorption

Nach intravenöser Verabreichung werden die Spitzenkonzentrationen von Defibrotid im Plasma ungefähr zum Ende jeder Infusion erreicht.

 

Distribution

Defibrotid ist in hohem Masse an humane Plasmaproteine gebunden (durchschnittlich zu 93 %), wobei das Verteilungsvolumen 8,1 bis 9,1 l beträgt.

 

Metabolismus

Obwohl der genaue Ablauf des Defibrotid-Abbaus im Plasma in vivo weitgehend unbekannt ist, wird vermutet, dass Nukleasen, Nukleotidasen, Nukleosidasen, Deaminasen und Phosphorylasen Polynukleotide progressiv zu Oligonukleotiden, Nukleotiden, Nukleosiden und anschliessend zu freiem 2’-Deoxyribose-Zucker, Purin und Pyrimidinbasen metabolisieren. Die Biotransformation von Defibrotid wurde in vitro durch Inkubation mit humanen Hepatozyten von Spendern unterschiedlichen Alters untersucht, wobei festgestellt wurde, dass Defibrotid keinen nennenswerten Stoffwechsel durch humane Hepatozyten durchläuft.

 

Elimination

Nach Anwendung der therapeutischen Dosis (6.25 mg/kg) bei gesunden Probanden werden innerhalb von 24 Stunden im Durchschnitt 9,48 % der angewendeten Gesamtdosis unverändert als Defibrotid über den Urin ausgeschieden, der grösste Teil davon (etwa 98 %) während der ersten Erhebungszeitspanne von 0-4 Stunden. Metabolismus mit anschliessender Ausscheidung über den Urin ist wahrscheinlich der Haupteliminationsweg. Die geschätzte Gesamt-Clearance betrug 3,4 bis 6,1 l/h. Die Eliminationshalbwertszeit von Defibrotid beträgt weniger als 2 Stunden. Ähnliche Plasmakonzentrationsprofile wurden bei VOD-Patienten nach initialer und Mehrfachdosis-Verabreichung von 6,25 mg/kg alle 6 Stunden für 5 Tage beobachtet. Aus diesem Grund wird keine Akkumulation nach einer Mehrfachdosis-Verabreichung erwartet.

 

Kinetik spezieller Patientengruppen

Leberfunktionsstörungen

Es wurden keine formalen pharmakokinetischen Studien bei Patienten mit Leberfunktionsstörung durchgeführt. Defitelio wurde in klinischen Studien bei Patienten mit Leberfunktionsstörung ohne Dosisanpassung angewendet, und es wurden keine wesentlichen Sicherheitsbedenken identifiziert (siehe Abschnitt Dosierung/Anwendung).

 

Nierenfunktionsstörungen

Sechs Patienten mit einer geschätzten glomerulären Filtrationsrate von < 30 ml/Min/1,73 m2 (Berechnung anhand der MDRD- (Modification of Diet in Renal Disease, Ernährungsumstellung bei Nierenerkrankung) Formel), die zurzeit nicht unter Dialyse waren, wurden mit 6 gesunden Probanden mit ähnlichen demografischen Daten zu Behandlungsbeginn verglichen. Defitelio 6.25 mg/kg wurde bei den Patienten alle 6 Stunden intravenös über jeweils 2 Stunden angewendet. Im Vergleich zu den gesunden Probanden der Kontrollgruppe zeigte sich bei den Patienten mit Nierenfunktionsstörung ein 1,6- bzw. 1,4-facher Anstieg von AUC bzw. Cmax, während die Halbwertzeit etwa das Doppelte des bei gesunden Probanden beobachteten Wertes betrug.

 

Die über 24 Stunden im Urin ausgeschiedene Menge an Defibrotid betrug bei den Patienten mit Nierenfunktionsstörung etwa 5 % der angewendeten Gesamtdosis, gegenüber etwa 12 % bei gesunden Probanden.

 

Nahezu die gesamte Nierenausscheidung erfolgt innerhalb der ersten 4 Stunden. Eine Akkumulation von Defibrotid bei mehr als 4 Dosen wurde nicht festgestellt. Unterschiede in der Exposition werden als klinisch nicht relevant betrachtet. Daher wird bei Patienten mit Nierenfunktionsstörung eine Dosisanpassung nicht empfohlen (siehe Abschnitt“Dosierung/Anwendung“).

In einer Substudie wurde gezeigt, dass Defibrotid durch eine Hämodialyse nicht entfernt wurde (siehe Abschnitt “Dosierung/Anwendung).

 

Präklinische Daten

Basierend auf den konventionellen Studien zur Sicherheitspharmakologie, Toxizität bei wiederholter Gabe und Genotoxizität lassen die präklinischen Daten keine besonderen Gefahren für den Menschen erkennen.

Die Hauptbefunde waren eine Akkumulation von vakuolisierten Makrophagen in der Leber von Hunden und in Leber, Nieren und Lymphknoten von Ratten.

 

Kanzerogenität

Es wurden keine Kanzerogenitätsstudien mit intravenöser Verabreichung von Defibrotid durchgeführt.

 

Reproduktionstoxizität

Fertilitätsstudien mit intravenös verabreichtem Defibrotid wurden ebenfalls nicht durchgeführt. In allgemeinen Toxizitätsstudien mit Wiederholungsdosen wurde bei intravenöser Verabreichung von Defibrotid bei Ratten und Hunden für bis zu 13 Wochen keine Wirkung auf die männlichen oder weiblichen Fortpflanzungsorgane festgestellt.

In den Segment-II-Reproduktionsstudien an Ratten und Kaninchen erwies Defibrotid sich als maternal toxisch, da es bei intravenöser Infusion über zwei Stunden in allen geprüften Dosisstufen, darunter auch Dosen nahe der Humandosis, eine hohe Rate von hämorrhagischen Aborten induzierte. Aufgrund dieser maternalen Toxizität ist keine Schlussfolgerung in Bezug auf die Wirkungen von Defibrotid auf die embryofötale Entwicklung möglich. Es ist bekannt, dass PAI-2 in der Plazenta charakteristisch hochreguliert wird.

 

Juvenile Toxizität

Die wiederholte intravenöse Gabe von Defibrotid in Dosen unter und nahe der humantherapeutischen Dosis an juvenile Ratten führte zu einer Verzögerung des mittleren Zeitpunkts der Präputialseparation, was auf einen verzögerten Beginn der männlichen Pubertät bei Ratten hindeutet. Die klinische Bedeutung dieser Befunde ist jedoch unklar.

 

Sonstige Hinweise

Inkompatibilitäten

Das Arzneimittel darf nur mit den unter Hinweise für die Handhabung aufgeführten Arzneimitteln gemischt werden.

 

Haltbarkeit

Das Arzneimittel darf nur bis zu dem auf der Packung mit „EXP“ bezeichneten Datum verwendet werden.

 

Haltbarkeit nach Anbruch

Die verdünnte/rekonstituierte Infusionszubereitung ist nicht konserviert. Die chemische und physikalische in-use Stabilität wurde jedoch für 72 Stunden bei 15-25 ° C für einen Konzentrationsbereich von 4 mg / ml - 20 mg / ml in 0,9%-iger Natriumchlorid-Infusionslösung nachgewiesen oder in einer 5% ige Glucose Infusionslösung bei 15-25ºC für 72 Stunden.

Aus mikrobiologischen Gründen sollte die gebrauchsfertige Zubereitung unmittelbar nach Verdünnung verwendet werden. Falls dies nicht möglich ist, liegen Aufbrauchsfristen und Lagerbedingungen in der Verantwortung des Anwenders und sollten normalerweise nicht länger als 24 Std. bei 2 - 8°C betragen.

 

Besondere Lagerungshinweise

Bei 15-30°C lagern.

Nicht einfrieren.

Aufbewahrungsbedingungen nach Verdünnung des Arzneimittels, siehe Rubrik Haltbarkeit nach Anbruch”.

Ausser Reichweite von Kindern aufbewahren.

 

Hinweise für die Handhabung

Das Konzentrat zur Herstellung einer Infusionslösung muss mit aseptischer Technik verdünnt werden.

 

Zubereitung von Defitelio (mit aseptischer Technik):

1.Die Gesamtdosis und somit das Gesamtinfusionsvolumen und Anzahl der Durchstechflaschen, die zu verdünnen sind, richtet sich nach dem Gewicht des Patienten. Die Endkonzentration von Defitelio sollte im Konzentrationsbereich von 4 mg/ml – 20 mg/ml liegen.

2.Jede Durchstechflasche ist vor der Verdünnung auf Partikel zu überprüfen. Wenn Partikel festgestellt werden und/oder die Lösung in der Durchstechflasche nicht klar ist, darf die Durchstechflasche nicht verwendet werden.

3.Die benötigte Menge von Defitelio aus den Durchstechflaschen entnehmen und zusammenführen.

4.Aus dem Infusionsbeutel mit 0.9%-iger Natriumchlorid Infusionslösung bzw. Glukose 5 % Infusionslösung eine Menge entnehmen, die dem Gesamtvolumen von Defitelio, das hinzugefügt werden soll, entspricht und verwerfen.

5.Die zusammengeführten Mengen von Defitelio der 0.9%-iger Natriumchlorid Infusionslösung bzw. der Glukose 5 % Infusionslösung hinzufügen.

6.Die Infusionslösung vorsichtig mischen.

7.Vor der Anwendung die Lösung visuell auf Partikel überprüfen. Nur klare Lösungen ohne sichtbare Partikel dürfen verwendet werden. Die Farbe der verdünnten Lösung kann je nach Art und Menge des Verdünnungsmittels von farblos bis hellgelb variieren. Es wird empfohlen, die verdünnte Lösung von Defitelio über ein Infusionsbesteck mit 0,2 µm Inline-Filter zu verabreichen.

8.Nach Abschluss der Infusion den intravenösen Zugang mit 0.9%-iger Natriumchlorid Infusionslösung oder Glukose 5 % Infusionslösung spülen.

9. Verabreichen Sie Defitelio wie oben beschrieben. Verabreichen Sie andere Arzneimittel nicht gleichzeitig über dieselbe intravenöse Leitung.

 

Zulassungsnummer

67667 (Swissmedic)

 

Packungen

Defitelio 200 mg/2.5 ml Konzentrat zur Herstellung einer Infusionslösung, 2.5 ml Durchstechflasche: Packung zu 10 Durchstechflaschen (A)

 

Zulassungsinhaberin

Clinipace AG, Volketswil

 

Stand der Information

Juni 2020